Der Blick geht voraus
Der Vorstandsvorsitzende von EUROPA-CENTER bewertet die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Unternehmen. Ralf-Jörg Kadenbach spricht über die Stundung von Mieten, Erfahrungen mit Homeoffice und Videokonferenzen, veränderte Bedarfe der Mieter und die Situation am Immobilienmarkt.
Herr Kadenbach, die Corona-Krise hat massive Auswirkungen auf die Unternehmen. Sind Mieter auf Sie zugekommen, weil sie die Miete nicht leisten konnten? Und wenn ja, wie können Sie helfen?
Unsere Büromieterträge sind weitgehend stabil, wir haben keine gravierenden Mietausfälle durch die Corona-Krise. Unseren Gastronomen jedoch haben wir schon frühzeitig proaktiv die Stundung der Mieten angeboten, was dankend angenommen wurde. In Teilbereichen zeichnet sich hier inzwischen eine gewisse Erholung ab. Es wird aber sicherlich noch einige Monate dauern, bis sich die Geschäftslage in der Gastronomie nachhaltig verbessert. In einer deutlich schwierigeren Situation sind unsere Hotelpächter. Sie können momentan keine Pacht bezahlen und wir nehmen an, dass sich der Hotelmarkt erst in 2021 stabilisieren wird. Ich kann jedoch nicht in die Zukunft schauen. Eine gemeinsame Lösung kann erst gefunden werden, wenn die Krise überstanden ist und unsere Gastronomen und Hotelbetreiber Licht am Ende des Tunnels sehen. Dann werden wir in den Dialog treten, unseren Mietern zuhören und gemeinsam an einer Lösung arbeiten, mit der beide Parteien leben können. Denn als Bestandshalter schätzen wir langfristige Mietpartnerschaften.
Wie hat EUROPA-CENTER auf den Lockdown reagiert?
Wir haben sehr zügig das mobile Arbeiten eingeführt, was vorher in unserem Unternehmen nicht so üblich war wie jetzt. Einige unserer Mitarbeiter waren bereits gut mit technischem Equipment ausgestattet, für etliche weitere konnten wir kurzfristig Laptops, PCs, Monitore und Headsets besorgen und ihnen nach Hause liefern. Andere wiederum haben dankenswerterweise ihre privaten Rechner zur Verfügung gestellt, um von zu Hause aus arbeiten zu können. Ein bemerkenswerter Einsatz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
Hat sich auch die Arbeitsorganisation der Unternehmen verändert?
Absolut. Durch Corona hat sich die Arbeitswelt grundlegend gewandelt. So sind etwa Videokonferenzen inzwischen kein unbekanntes Terrain mehr, sondern Alltag. Allerdings sind sie nach meiner Erfahrung anstrengender als der persönliche Kontakt und für einige Situationen ungeeignet. Das gilt besonders für Gespräche zum Kennenlernen, also beispielsweise ein erstes Vorstellungs- oder Vermietungsgespräch. Solche Termine haben wir deshalb während des Lockdowns weitgehend auf Eis gelegt und erst in den letzten Tagen und Wochen nachgeholt.
Haben sich Planungen im Tagesgeschäft des Unternehmens geändert?
Wir haben die ruhige Zeit genutzt, um Instandhaltungsmaßnahmen, die sonst zu erheblichen Beeinträchtigungen bei unseren Mietern geführt hätten, zeitlich vorzuziehen. So standen zum Beispiel unsere Parkhäuser und Tiefgaragen in Bremen, Essen und Berlin während des Lockdowns fast leer. Hier haben wir innerhalb von sechs Wochen die Stellplätze neu beschichtet und dafür mehr als eine Million Euro investiert. Dieses Budget war bereits eingeplant. Selbstverständlich werden wir auch weiter in andere Instandhaltungsmaßnahmen investieren und zwingend notwendige Arbeiten ausführen, das steht außer Frage. Schließlich wollen wir die EUROPA-CENTER Immobilien in gutem Zustand erhalten. Aber die eine oder andere weniger dringende Ausgabe werden wir wohl auf das nächste Jahr verschieben.
Das Unternehmen baut aktuell in Frankfurt das EUROPA-CENTER Gateway Gardens. Gab es Beeinträchtigungen auf der Baustelle?
Zu Beginn der Pandemie waren wir natürlich besorgt, ob sie sich auf unsere laufenden Bauprojekte auswirken wird. Glücklicherweise hat sich das bislang nicht bewahrheitet. Die Rohbauarbeiten in Frankfurt laufen planmäßig. Wir haben sogar die Grundsteinlegung für das Gebäude gefeiert, wenn auch in sehr kleinem Rahmen nur mit den Projektbeteiligten und ohne Gäste. Allerdings werden wir den Baustart des Projekts EUROPA-CENTER AirDock in Hamburg Finkenwerder verschieben. Der Standort ist maßgeblich durch Airbus und seine Zulieferer geprägt, und wie wir alle wissen, macht die Luftfahrtbranche wegen der Corona-Krise gerade schwierige Zeiten durch.
Erwarten Sie, dass auch nach der Corona-Krise weniger in Büros und mehr im Homeoffice gearbeitet wird? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für EUROPA-CENTER?
In einigen Firmen wird das Arbeiten im Homeoffice wohl alltäglicher werden als bisher, aber sicherlich nicht monatelang wie während des Lockdowns, sondern eher für einzelne Tage. Denn die Unternehmen brauchen weiterhin die direkte Kommunikation zwischen ihren Beschäftigten und wollen diese auch erlebbar gestalten. Am Beispiel unserer Firma kann ich berichten, dass unsere Mitarbeiter ihr Büro und den Kontakt zu den Kollegen durchaus vermisst haben. Das Büro ist ein Ort der persönlichen Begegnung sowie des Austauschs und in agilen Organisationen auch künftig unverzichtbar. Auch die Ausstattung der Geschäftsräume ist meist besser als zu Hause, so haben z. B. alle Kollegen bei uns höhenverstellbare Arbeitsplätze. Das findet man im Homeoffice eher selten. Kurzfristig wird sich der Flächenbedarf einiger unserer Mieter sogar erhöhen, da die Abstandsregeln eingehalten werden müssen, solange es keinen Impfstoff gibt. Auf lange Sicht kann es sein, dass manche Unternehmen weniger Fläche für klassische Büroarbeitsplätze nutzen, dafür aber mehr Kommunikationsräume einrichten. Flächen werden flexibler genutzt und müssen sich für unterschiedliche Projekte und Arbeitsformen eignen. Da sehe ich für unsere EUROPA-CENTER Immobilien kaum Probleme und bin zuversichtlich für die Zukunft. Denn wir bieten neben flexiblen Gebäuden und Grundrissen auch gut angebundene Lagen, und das zu vernünftigen Preisen.
Auch der Immobilienmarkt ist in Aufruhr, denn einige Mieter können ihre Miete nicht zahlen. Insbesondere Einzelhändler, Gastronomen und Hotelbetreiber klagen über massive Umsatzeinbußen. Muss sich der Staat hier engagieren und Mietern und Vermietern unter die Arme greifen?
Nein, das denke ich nicht. Meiner Meinung nach hilft der Staat mit dem Kurzarbeitergeld und den weiteren Maßnahmen des Corona-Schutzschildes sowie mit dem umfangreichen Konjunkturpaket vielen Unternehmen bereits massiv. Mieter und Vermieter sind gefordert, in einen lösungsorientierten Dialog zu treten, um das Mietverhältnis langfristig zu sichern. Der Markt war in den letzten Jahren sicherlich sehr gut, viele Immobilienunternehmen haben lukrative Geschäfte gemacht. Allerdings ist unsere Sichtweise natürlich auch darin begründet, dass unser Unternehmen überwiegend Büroimmobilien besitzt, das muss ich ehrlicherweise zugeben. Die Segmente Gastronomie, Hotel und Einzelhandel sind nicht unser Hauptgeschäft. Andere Marktteilnehmer, die überwiegend in Einzelhandels- oder Hotelimmobilien investiert sind, sehen das wahrscheinlich anders. Viele dieser Immobilien werden von Banken finanziert und die Kredite müssen bedient werden. Die Banken achten natürlich sehr darauf, dass sie keine Kreditausfälle haben.
Welche wirtschaftlichen Konsequenzen ergeben sich für EUROPA-CENTER aus dieser Krise?
Wir genießen das Privileg, dass unser Gesellschafter Gewinne nicht entnimmt, sondern in das Unternehmen reinvestiert. Damit haben wir in den letzten Jahren unsere Eigenkapitalbasis gestärkt, um solche Krisen ohne dramatische Einschränkungen zu überstehen. Wir mussten weder Kurzarbeit anmelden noch Mitarbeiter entlassen, schauen aber natürlich sehr sensibel und genau auf notwendige Ausgaben. Grundsätzlich werden wir jedoch an unserer Expansionsstrategie festhalten.
Was erwarten Sie, wie sich der Immobilienmarkt entwickeln wird? Werden beispielsweise die Preise für Grundstücke und Immobilien sinken?
Die Marktwerte von Hotels und Handelsimmobilien werden derzeit allgemein kritisch überprüft. Viele Einzelhändler wollen ihre Mietverträge neu verhandeln und lieber Umsatzmieten zahlen. Da wird es zu Wertkorrekturen kommen. Ich rechne jedoch damit, dass die Mieten und damit auch die Preise für Büroimmobilien stabil bleiben. Auch Grundstücke werden sicherlich weiterhin knapp und teuer bleiben.
Wird EUROPA-CENTER gestärkt aus dieser Krise hervorgehen?
Klare Antwort: Ja. Wir werden uns mit unseren Produkten durchsetzen und unsere gute Vermietungssituation beibehalten. Unser Unternehmen ist gefestigt und die Arbeitsplätze sind sicher.
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